Gira Produktions-, Entwicklungs- und Logistikzentrum

Projektdaten

KategorieRealisierte Bauwerke
BauherrInGiersiepen GmbH & Co. KG
PlanerInSauerbruch Hutton
Fertigstellung07.2019
OrtRadevormwald
BildnachweisJan Bitter (Fotos), Sauerbruch Hutton (Zeichnungen)

Entwurf

Dreitausendeinhundert Bleche in Schwarz, Weiß und verschiedenen Graustufen bilden die mehr als 13.000 m² große Außenhülle des neuen Unternehmenssitzes von Gebäudesystemtechnik-Hersteller Gira in Radevormwald. Sie fassen einerseits die vier Bereiche des Komplexes mit einer durchgehenden Gestaltung zusammen. Andererseits lösen sie die großen Volumina mit einer farblich oszillierenden Oberfläche auf und vermeiden so, die idyllische, kleinteilige Hügellandschaft des Bergischen Lands zu dominieren.

Der Neubau am neuen Standort bündelt nun die vier Hauptbereiche Innovation, Produktion, Logistik und Versand, nachdem die Kapazitäten am bisherigen Standort ausgeschöpft waren. Die vier Bereiche teilen sich eine zentrale Erschließungsachse, die auch in zukünftigen Entwicklungsstadien Bestand haben wird. Der Bürobereich liegt über der Produktionshalle, deren Dach von einem modularen Raster aus Oberlichtern überzogen ist. Diesem Raster entsprechend bilden die Büros Lichthöfe. Bei Erweiterung eines der beiden Bereiche kann das Raster fortgeschrieben und somit stets in gleicher Weise Tagesbelichtung und Außenbezug sowohl für die Halle als auch für die Büros gewährleistet werden.

Das Raumkonzept bietet die Möglichkeit, die vier Bereiche jeweils unabhängig voneinander zu erweitern. Die architektonische Struktur ist so flexibel konzipiert, dass sie nach Bedarf von zunächst 30.000 Quadratmetern auf insgesamt 50.000 Quadratmeter wachsen kann, um sich an die weitere Entwicklung des Unternehmens anpassen zu können.

Ebenso großen Wert wurde auf eine flexible Nutzung der Räumlichkeiten und eine offene Architektur gelegt, die die direkte Kommunikation und enge Zusammenarbeit fördert. Dazu wurde als alles verbindendes Element ein Mezzanin-Geschoss in die Halle eingehängt, das die Bereiche räumlich, visuell und funktional vernetzt. Ein zentraler Konferenzbereich steht dort Entwicklern, Produktionspersonal und Besuchern gleichermaßen zur Verfügung.

Energiekonzept

Das nachhaltige Energiekonzept gewährleistet den ressourcenschonenden Betrieb des Großgebäudes und ein gesundes Arbeitsumfeld für die Mitarbeiter:innen. Der Neubau erreicht den Energieeffizienzstandard KfW 55. Sein Energieverbrauch liegt damit 45% unter der zur Einreichung geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV 2017).

Im Mittelpunkt steht die Optimierung der Erzeugung und Nutzung von Energie: Als zentraler Wärmeerzeuger kommt ein Blockheizkraftwerk zum Einsatz, das zugleich Strom für den Eigenbedarf liefert. Zudem wird auf systematische Wärmerückgewinnung aus der Drucklufterzeugung gesetzt. Für die Kühlung des Komplexes wandeln Absorber die Wärme in Kälte um. Ein Teil der Kälte wird zudem über natürliche Verdunstungskühlung mit Regenwasser aus einer 400-Kubimeter-Zisterne erzeugt. Auch die Sprinklertanks werden als Zwischenspeicher ungenutzter Kalt- und Warmenergie in das Energiekonzept integriert.

Effiziente Luftauslässe temperieren die Büro- und Besprechungsbereiche in Kombination mit Kühldecken. Der Heiz- und Kühlboden in den Bereichen Produktion und Versand wird im Winter nahezu komplett über die Abwärme aus dem Bereich der elektrischen Lastversuche versorgt. KNX-Steuerungstechnologie von Gira sorgt nutzungs- und nutzerbezogen für eine energieeffiziente Regulierung der Beleuchtung und Verschattung.

Konstruktion

Die Produktionshalle, der größte Abschnitt der 266 Meter langen Anlage, besteht aus einem Haupttragwerk aus Stahlfachwerkträgern im Abstand von rund 9 Metern, die auf Stahlbetonstützen auflagern. Die vier Meter hohen Fachwerkträger überspannen bis zu 26 Meter und wurden für die volle Ausbaustufe bemessen, die eine nahezu komplette Flächenbelegung des 2. Obergeschosses mit Büros vorsieht. Für die erste Ausbaustufe sind die Träger daher teilweise überbemessen. Die Halle unterteilt eine zweigeschossige Mittelspange aus Stahlbeton. Nebenträger dienen als Auflager für die das Bürogeschoß tragende Decke aus Beton-Halbfertigteilen mit Ortbetonschicht. Die Außenwände bilden Betonfertigteile. Eine reversible Leichtbaufassade an der Südwestfront des Gebäudeabschnitts schafft die Möglichkeit einer baulichen Erweiterung auf den angrenzenden Parkplatzflächen. Die 16 Oberlichtöffnungen im Warmdach messen jeweils 60 m² und sind mit Verschattungslamellen ausgestattet.

Eine leichte Stahlskelettkonstruktion auf den Obergurten der Stahlfachwerkträger bilden zusammen mit einer Blechkassettenausfachung als Außenwand und Trapezblechen für den Warmdachaufbau die Büroräume im 2. Obergeschoss. Die nicht überbauten Bereiche sind für eine nachträgliche Büroerweiterung vorgerüstet.

Der Logistikabschnitt ist das am höchsten aufragende Volumen des Komplexes. Hier befinden sich ein Kasten- und ein Hochregallager links und rechts der Mittelachse. Seine Lichte Höhe misst 23 Meter und wird von 1,60 Meter hohen Stahlfachwerkträgern auf Stahlbetonstützen gebildet. Das Hochregallager ist um rund vier Meter ins Erdreich abgesenkt und von einer Brandwand aus Betonfertigteilen zu den angrenzenden Gebäudeabschnitten umschlossen. Ein Systemdach mit Trapezblechen bildet das Warmdach des gesamten Abschnitts, die Leichtbau-Außenwände bestehen aus Blechkassetten.

Das Konstruktionsraster der Versandhalle von 8 Metern bestimmt der Abstand der 13 Ladebrücken. Auch sie wird von über 4 Meter hohen Stahlfachwerkträgern getragen, auf deren Untergurten teilweise ein Zwischengeschoss für Büros und Haustechnik eingefügt ist. Die Außenwände bestehen aus einer Stahlskelettkonstruktion mit Blech Kassettenausfachung.

Alle Außenwände, ob massiv oder Leichtbaukonstruktionen, sind mit einer mindestens 20 cm stark gedämmten, hinterlüfteten Kaltfassade aus pulverlackierten Stahlblechkassetten verkleidet.