Bürohaus Küng, Alpnach

Projektdaten

StatusAnerkennung
KategorieRealisierte Bauwerke
BauherrInKüng Holzbau AG
PlanerInSEILERLINHART
Fertigstellung04.2020
OrtAlpnach, Kanton Obwalden, Schweiz
BildnachweisRasmus Norlander

Grundelement von Holzpur sind massive, um die 20 Zentimeter starke Wandelemente aus in sieben Lagen kreuzweise übereinander gelegten Brettern. Diese bestehen aus „Mondholz“, das um Weihnachten herum vor Neumond geschlagen wird, wenn die Bäume am wenigsten Wasser führen. Das bedeutet am wenigsten Schwund und eine Minimierung der Gefahr des Schädlingsbefalls.
Das jüngst realisierte Verwaltungsgebäude der Firma im kleinen Gewerbegebiet von Alpnach – dort, wo Küng Holzbau seit jeher ansässig ist – behebt nicht nur die Raumnot des expandierenden Unternehmens, sondern ist zugleich Demonstrationsobjekt, Aushängeschild und Werbung im Maßstab 1:1 für die Vollholzkonstruktion.

Bezug zur Innerschweizer Tradition

Das viergeschossige, fast quadratisch erscheinende Gebäude bietet Raum für 20 projektleitende Ingenieure mit ihren Einzelbüros und umfasst überdies einige Besprechungsräume, eine Caféteria im Erdgeschoss und zuoberst einen Schauraum, in dem Kunden die Produkte der Firma kennenlernen können. Das äußere Erscheinungsbild wird bestimmt durch die umlaufenden, an Zugstangen abgehängten und nach oben hin weiter auskragenden Balkone, die auf abstrakte Weise an die Lauben der historischen innerschweizer Häuser erinnern. Sie dienen nicht nur als Außenraum, sondern überdies der Verschattung, so dass auf einen weiteren Sonnenschutz verzichtet werden konnte.

Holzart und Funktion

Die vorgehängten Fassadenelemente bestehen aus Eiche; die Fassade wurde mit sägerohem Fichtenholz verschalt. In den Supraporten über den Fassadenöffnungen sind Platten mit gefrästen Halbmondmotiven eingelassen – Ornamente, die auf das Mondholz verweisen. Die Wände selbst bestehen aus zwei, mit einer Lage Windpapier in der Mitte getrennten Holzpurelementen, so dass sich eine Gesamtstärke der Außenwände von gut 40 Zentimetern ergibt. Für die inneren Bretterlagen gelangt bei Küng Sekundärholz aus Fichte zur Anwendung. Dabei handelt es sich um Bretter von niederer Qualität, die sonst allenfalls zu Holzfaserplatten verarbeitet werden. Sie müssen noch nicht einmal perfekt passgenau zugeschnitten sein, da kleine Lufteinschlüsse im Inneren als thermische Puffer durchaus von Vorteil sind.

Harter Kern als Skulptur

Die Präzision und die Liebe zum Detail, mit der Seiler Linhart zu Werke gingen, ist bewundernswert. Sie erstreckt sich auch auf das ausgeklügelte Steckmöbelsystem, das unterschiedliche Konfigurationen der Einbauelemente erlaubt und sich perfekt in die Räume einfügt. Eindrücklich ist die doppelgeschossige Eingangshalle mit Rezeption rechts und Besprechungstisch links; vermittels einer Lattenstruktur öffnen sich die Konferenzräume im Obergeschoss zur Halle. Und sofort, wenn man das Gebäude betritt, tritt unerwartet das Zentrum des Gebäudes in Erscheinung, ein alle Geschosse verbindender Erschließungskern aus sandgestrahltem Beton. Aus der Not einer nicht aus Holz bestehenden Aussteifung machten die Architekten eine Tugend, indem sie den Betonkern in eine Skulptur verwandelten. Ein Cheminée in der Eingangshalle und ein weiteres im obersten Geschoss akzentuieren den wohnlichen Charme des Gebäudes, das eigentlich ein Verwaltungsgebäude ist. Aber nicht zuletzt aufgrund der sensorischen Anmutung des massiv verwendeten Holzes kaum wie ein solches wirkt.