Baubetriebshof der Stadt Ulm

Projektdaten

KategorieRealisierte Bauwerke
BauherrInStadt Ulm, Zentrales Gebäudemanagement
PlanerInhochstrasser.architekten bda dwb
Fertigstellung02.2016 - 03.2017 (Planung); 02.2018 - 10.2019 (Realisierung)
OrtUlm
BildnachweisConné van d´Grachten

Ein neuer Baubetriebshof. Ein weiterer unscheinbarer Zweckbau? Mitnichten. hochstrasser.architekten haben für den Baubetriebshof der Stadt Ulm eine Material- und Formensprache gefunden, die in ihrer Reduktion der Nutzung des Gebäudes entspricht und zweckmäßig robust ist. Darüber hinaus strahlt der Neubau aber auch eine schlichte Eleganz aus und die sorgfältige Detailierung vermittelt eine angemessene Wertigkeit.

Mit seinen 90 Mitarbeitern ist der Baubetriebshof der Stadt Ulm Dienstleister für städtische Abteilungen und städtische Gesellschaften wie die Entsorgungsbetriebe oder die Stadtwerke. 2006 wurde er durch Umstrukturierung aus verschiedenen, für Unterhalt und Betrieb zuständigen Abteilungen diverser städtischer Ämter gebildet. Anfangs noch auf über 13 Stützpunkte im Stadtgebiet Ulm verteilt, fiel 2013 die Entscheidung für ein Gesamtnutzungskonzept und Zusammenlegung auf neuem Grundstück. Die hierfür notwendige, große Fläche, inklusive Reserve für mögliche Erweiterungsbauten, fand sich im “Kaltwässerle“ im benachbarten Bundesland auf der Gemarkung der Stadt Neu-Ulm. Das ehemalige Grundstück der Stadtgärtnerei Neu-Ulm bot sowohl die Nachbarschaft zu bereits bestehenden Teilen des Baubetriebshofs als auch eine gute Verkehrsanbindung an das Ulmer Stadtgebiet.

hochstrasser.architekten realisierten bereits den ersten Bauabschnitt mit Schreinerei und Montagehalle, den sogenannten Basisbauabschnitt, der im Frühjahr 2014 in Betrieb genommen wurde. In Folge war das Ulmer Büro auch für die Umsetzung des Hauptbauabschnitts BA2 mit Räumlichkeiten für die Bereiche Elektro, Technik, Mobiliar, Verkehr und Schlosserei zuständig. In einem dritten BA ist außerdem geplant, das Sachgebiet Verkehrsfläche ebenfalls im Kaltwässerle zu stationieren.

Lage in Hochwasserzone

Der zweite Bauabschnitt des Baubetriebshofes schließt im Osten direkt an den BA1 an. Da das Gebiet hochwassergefährdet ist wurde bereits für den ersten Bauabschnitt eine Geländeaufschüttung erstellt. Dieser etwa 100 Meter lange und 55 Meter breite „Sockel“ besteht aus Bauschutt und Erde von einem Nachbargrundstück und soll den Baubetriebshof vor künftigen Jahrhunderthochwassern schützen. An der Ostseite erschließen zwei Rampen das erhöhte Gelände, eine 12 Meter breite Umfahrung umgibt das gesamte Gebäude.

Angemessenheit und Reduktion

Schon beim ersten Bauabschnitt haben hochstrasser.architekten gezeigt, dass es möglich ist, vielfältige und oftmals auch gegensätzliche Projektanforderungen unter einem Dach mit angemessen einfachen Mitteln umzusetzen und dabei dennoch eine hohe gestalterische Qualität zu erzielen.

Auf den ersten Blick wirkt der Baubetriebshof zurückhaltend und reduziert. Ein zweiter Blick zeigt die durchdachte, harmonische und an den Funktionen orientierte Ausarbeitung der Fassade. Der BA2 nimmt im Bereich der Werkstätten die Konstruktion und Materialität des ersten Bauabschnitts auf, so dass die beiden Abschnitte miteinander verschmelzen. Lediglich der Kopfbau mit Büros und Sozialräumen setzt sich ab; die Tonalität der Fassade bindet aber auch diesen Trakt in die Gesamtform ein.

Gestalt und Funktion

Auf einer Grundfläche von 46,15 x 33,74 Meter gliedert sich der kompakte, rechteckige Baukörper des zweiten Bauabschnitts in einen 3-achsigen Werkstattbereich mit dazugehörigem Lager und einer Achse mit Büro- und Sozialräumen. Die jeweiligen Nutzungen zeichnen sich nicht nur durch unterschiedliche Geschossigkeit ab – der Werkstattbereich ist über eine lichte Höhe von 5,65 m eingeschossig, der Bürobereich zweigeschossig –, auch die Konstruktion und Fassaden spiegeln die dahinterliegenden Funktionen.

Zusammenspiel von Konstruktion, Material und Gebäudetechnik

Die drei Achsen des Werkstattbereichs sind als Stahlrahmenkonstruktion mit vorgehängten, waagerechten Stahlsandwichpaneelen ausgeführt. Inspiriert von klassischer Industriearchitektur bleibt die Konstruktion ablesbar und die verwendeten Materialien sichtbar. Insbesondere die unverputzt gelassenen Innenwände zur offenen Montagehalle hin aus Mauerwerk HLZ, einem kerngedämmte Poroton-Planziegel, zeugen von der Idee, dass der Ausbauzustand im Prinzip einem Rohbau entspricht – einer robusten, flexibel belegbaren Struktur. Entsprechend wird auch die Gebäudetechnik sichtbar in Trassen im Luftraum geführt, so dass sie jederzeit zugänglich ist und Nachinstallationen möglich sind.

Um optimale Arbeitsbedingungen zu gewährleisten sind die Werkstatträume licht und hoch, Oberlichter ermöglichen eine gleichmäßige Ausleuchtung mit Tageslicht und dienen gleichzeitig der Entrauchung. Da den Werkstätten jeweils direkt Lagerflächen zugeordnet sind, reduziert sich die innenliegende Erschließungsfläche, Abläufe werden optimiert, Produktivität und Flexibilität gesichert. Die Werkstattbüros sind als konfektionierte Einbauelemente als Stahl-/Glaskonstruktion umgesetzt.

Rhythmisierte, poetische Einfachheit

Im Gegensatz zur horizontal liegenden Metallfassade der Werkstattbereiche ist der Kopfbau mit den Büro- und Serviceräumen komplett in Sichtbeton gehalten: Die Fassade ist aus kerngedämmten Stahlbetonfertigteilen, das Tragwerk aus Stahlbetonwänden, -stützen und -decken. Die Innenwände sind in Trockenbauweise ausgeführt. Entsprechend der funktionalen Anforderungen wurden in den Büroräumen und den Fluren abgehängte Akustikdecken installiert, der Fußboden mit grauen Fliesen oder rotem Linoleum belegt.

In ihrer rhythmisierten Anordnung bilden die stehenden Fensterelemente zum einen die dahinterliegende Büronutzung ab. Zum anderen vermittelt ihre harmonische Abfolge eine zurückhaltende Eleganz sowie eine klare, nahezu poetische Einfachheit, die beispielhaft für das ganze Bauvorhaben ist.