Tank- und Rastanlage Leubinger Fürstenhügel

Projektdaten

KategorieRealisierte Bauwerke
BauherrInShell Deutschland GmbH
PlanerInMONO Architekten
Fertigstellung10.2021
OrtSömmerda
BildnachweisMONO, Gregor Schmidt

Der Leubinger Fürstenhügel ist der größte noch weitgehend erhaltene frühbronzezeitliche Grabhügel Mitteleuropas und damit eines der bedeutendsten Bodendenkmale Thüringens. In seiner unmittelbaren Nachbarschaft, direkt an der Bundesautobahn A 71 zwischen Erfurt und Sangerhausen, entstand als Projekt der Internationalen Bauausstellung Thüringen (IBA) eine zukunftsweisende Tank- und Rastanlage. Im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs wurden interdisziplinäre Planungskonzepte für die Architektur, die Landschaftsarchitektur und das Kommunikationsdesign der Gesamtanlage entwickelt.

Unter Berücksichtigung der verkehrlichen, landschaftlichen und touristischen Rahmenbedingungen ist ein markanter Ort entstanden, der im Verkehrsfluss der Autobahn den kurzen Halt bedient, aber auch Möglichkeiten zum Verweilen, für Ein- und Ausblicke sowie Verbindungen in die umgebende Region eröffnet.

Die Tank- und Rastanlage „Leubinger Fürstenhügel“ verknüpft die bedeutende Geschichte des Ortes mit Architektur und Landschaftsgestaltung auf einer inhaltlichen Ebene. In Gestalt der beiden Hauptelemente – dem bestehenden Leubinger Fürstenhügel und dem neu errichteten Bauwerk – treten Architektur und Landschaft in einen Dialog, der sich durch zurückhaltende Gestaltung und Eindeutigkeit auszeichnet. Beide Elemente werden durch eine klare Wegestruktur miteinander verbunden, die ihren Ausgang an der Tank- und Rastanlage nimmt und die Besucher zum Fürstenhügel leitet. Das historisch bedeutende Langhaus, das einst in der Nachbargemeinde Dermsdorf als möglicher Fürstensitz gestanden hat, dient der Architektur als Inspirationsquelle.

Der Ausdruck ist auf wenige eindeutige Mittel reduziert. Einerseits, um dem Reisenden eine Atmosphäre der Ruhe und des Rastens und damit einen Ausgleich zur Dynamik der Autobahn zu bieten, andererseits, um sich gegenüber dem historischen Fürstenhügel, dem Namensgeber und Protagonisten an diesem Ort, zurückzunehmen. 

Der Baukörper legt sich als langgestreckter Winkel in die neu geschaffene landschaftliche Senke und fügt sich harmonisch in den Kontext des flachwelligen Hügellands ein. Der orthogonal zur Fahrbahn ausgerichtete Flügel überdacht die Tankanlage stützenfrei. Es entsteht eine torartige Geste, die in die Gesamtanlage einlädt und zugleich dem ersten Blick auf den namensgebenden Fürstenhügel eine rahmende Fassung gibt.  Der zweite Flügel knickt in Richtung Osten ab und stellt den visuellen Bezug zum Fürstenhügel her. Er nimmt alle Funktionsbereiche der Raststätte auf. Das verbindende Element der beiden Gebäudeteile ist das skulptural gefaltete Dach, das von der Tankanlage aus langsam ansteigend zur Firstlinie des Langhauses wird und am östlichen Kopfende über dem Gastraum seinen Hochpunkt findet. Die großflächig verglaste Giebelseite gibt die direkte Sicht auf den Fürstenhügel frei. Ein Panoramafenster ermöglicht vielfältige Ausblicke in die umgebende Landschaft. Der große Dachüberstand bietet ausreichend Verschattung und Wetterschutz für die Terrassenflächen im Freien.

Entdecken und Erfahren

Die klar zonierte Architektur, dezent eingesetzte Signaletik und zurückhaltend abgestimmte Werbeträger sorgen für eine hohe Übersichtlichkeit und Orientierung.

Der überdachte Laubengang auf der Nordseite der Gesamtanlage empfängt und leitet die Besucher*innen zu den beiden Haupteingängen, die in den langgestreckten Ausstellungsraum führen. Der Ausstellungsraum fungiert als Foyer und Verteiler zu allen öffentlichen Funktionsbereichen, zu Tankshop, Gastraum und Sanitäranlagen. 

Die Ausstellungselemente bespielen eine bis zu 6m hohe, mit Vollholz bekleidete Wand. 

Ziel der Dauerausstellung zur bronzezeitlichen Geschichte der Region ist es, das Interesse der

Spontanbesucher*innen für das kulturelle Erbe des Ortes und für die umliegenden touristischen Ziele zu wecken.

Als räumliche Erweiterung der Ausstellung im Gebäude wird im Außenraum der Zeitreiseweg als Lehrpfad fortgeführt, der zum Spaziergang zur eigentlichen kulturgeschichtlichen Besonderheit des Ortes – dem Hügelgrab des Leubinger Fürsten – einlädt. 

Der Grabhügel wird von der Wegestruktur kreisförmig umschlossen, indem der ursprüngliche Durchmesser des Kernhügels als Wegeschleife nachempfunden wird. Dabei bleibt seine heutige Ausformung bestehen, allein die klare Fassung markiert und inszeniert ihn als historisch herausragendes Realexponat.

Auf dem Grabhügel selbst befindet sich eine vorsichtig in den historischen Ort integrierte Aussichtsplattform. Von hier aus ergibt sich ein 360° Panoramablick in die umgebende Landschaft.

Als dritter wichtiger Standort innerhalb der Gesamtanlage ist eine Landschaftsterrasse im Bereich der südöstlichen Ausgleichsflächen errichtet, die über einen Schotterweg mit der Rastanlage verbunden ist und neben der Erlebbarkeit der entstehenden Vegetationsbereiche einen überraschenden Zielpunkt inmitten von Natur bietet.