Projektdaten
Kategorie | Realisierte Bauwerke |
---|---|
BauherrIn | Gutmann GmbH |
PlanerIn | obermoser + partner architekten zt gmbh |
Fertigstellung | 12.23 |
Ort | Innsbruck |
Bildnachweis | Christian Flatscher |
Die Gunst des Standorts an dieser viel befahrenen Straße und die Lage am Rand eines Wohngebiets ohne Nahversorger ließen den Gedanken reifen, diese Tankstelle neu zu errichten und neu zu denken.
Nach einem längeren Entwurfs- und Evaluierungsprozess fiel die Entscheidung, hier ein „Bürogebäude mit Tankstelle und Shop“ entstehen zu lassen und an Stelle der bisherigen monofunktionalen Nutzung an diesem Platz mehrere Funktionen zu konzentrieren. Weiters sollte das Grundstück, über welches ein öffentlicher Fuß-Radweg führt, so gestaltet werden, dass der Freiraum auch einen Mehrwert für die Anwohner bieten kann.
Ein dynamisch geformter Stahlbetonbau, dessen Längswände mit Betonfertigteilelementen verkleidet sind, setzt die gewünschte Stapelung der Funktonen in einer klaren und reduzierten Formensprache um. Die leicht zur Amraser-See-Straße hin geneigten Stirnfassaden, die großflächig verglast sind, verstärken die Präsenz des Neubaus im Straßenraum.
Die untere Ebene mit Tanken, Shop und Bistro wird von dem darüber auskragenden Obergeschoß stützenfrei überdeckt. Außen- und Innenraum werden von der nach einem Entwurf der Tiroler Künstlerin Esther Stocker gestalteten Lichtdecke miteinander verbunden. Gemeinsam mit einer überzeugenden architektonischen Formensprache war diese künstlerische Intervention für den Bauherrn von großer Wichtigkeit.
Das Büro im Obergeschoß wird von zwei Betonfachwerken räumlich gegliedert und ist rund um ein zentrales Atrium angelegt. Die öffnungsfreien Längswände verstärken die Orientierung des offen angelegten Büroraums hin zu den Bergpanoramen im Norden und Süden, und lassen – mit dem ruhenden Pol des Atriums im Zentrum – diese „obere Welt“ komplett getrennt von der darunter liegenden Tankstelle erscheinen. Die dem Büro nördlich vorgelagerte begrünte Dachterrasse mit Ahornbäumen verbindet das Gebäude mit dem gärtnerisch gestalteten Freiraum.
. . . und Gebäudetechnik, sowie Nachhaltigkeit und Flexibilität
Das Gebäudetechnikkonzept wurde von Gutmann Energiesysteme, einem Tochterunternehmen der Fa. Gutmann, entwickelt und setzte sich zum Ziel, Tankstelle und Bürotrakt mit erneuerbaren Energiequellen zu versorgen und innovative Technologien zu verwenden.
Der Neubau soll als firmeneigenes Referenzprojekt die von Gutmann Energiesysteme angebotenen Leistungen in einem optimierten Gesamtkonzept zum Einsatz bringen. Ziel ist es, Synergien bestmöglich zu nutzen und zu optimieren.
Nach Prüfung von Alternativen fiel die Wahl auf Grund des vorhandenen Potentials auf eine Grundwasserwärmepumpe, welche sowohl zum Heizen als auch zur Raumkühlung verwendet werden kann, und die des Weiteren auch die gesamte Gewerbekühlung des Tankstellenshops (Kühlzellen sowie Kühlverkaufsregale) versorgt. Auf Außengeräte für die Kühlung konnte so komplett verzichtet werden.
In weiterer Folge wurde das Abgabesystem für Heizung und Kühlung derart einjustiert, dass die anfallende Abwärme der Kühlanlagen zum Heizen genutzt werden kann, sodaß das Gebäude bis ca. +7°C Außentemperatur nur mittels Abwärme beheizt werden kann.
Als Abrundung des Gesamtkonzeptes wurde eine 25 kWpic PV-Anlage am Dach des Gebäudes installiert, welche zum einen den Strombedarf des Gebäudes abdecken kann, zum anderen aber auch zielorientiert für die Heizung (WP) und die Kühlung (Grundwasserpumpe) einsetzbar ist. Auch kann der erzeugte Strom direkt an den Ladepunkten verwendet werden.
Das gesamte Haustechnik-System ist mit einer intelligenten Leittechnik für Regelungszwecke und Monitoring ausgestattet. Aktuell werden von Gutmann Energiesysteme auf Grundlage aller relevanten Parameter die Energieflüsse von Tankstelle, Bürotrakt und PV Anlage dokumentiert. Die gewonnenen Daten des ersten Betriebsjahres werden ausgewertet und man erhofft sich solcherart den laufenden Betrieb weiter verbessern zu können.
Abschließende Bemerkung
Der Bauherr hat sich trotz des wirtschaftlich schwierigen Umfelds zur Umsetzung des gestalterisch und konstruktiv anspruchsvollen Bauvorhabens bekannt.
Die Entwurfs- und Planungszeit betrug fast zwei Jahre, die Eröffnung erfolgte nach knapp einjähriger Bauzeit im Dezember 2023
Der Neubau erscheint uns als ein wichtiger Beitrag zur urbanen Baukultur in dieser stadträumlichen Randzone und ist mit der Hoffnung verbunden, für die Firma Gutmann einen weiteren „Markenzeichenbau“ geschaffen zu haben.