Mühle Shaving – Ersatzneubau Halle 4

Projektdaten

KategorieRealisierte Bauwerke
BauherrInMühle Shaving | Hans-Jürgen Müller GmbH & Co.KG
PlanerInAtelier ST | Gesellschaft von Architekten mbH
Fertigstellung06.2023
OrtStützengrün
BildnachweisSimon Menges

In den letzten 15 Jahren fanden mehrere Umbauten, Erweiterungen und Sanierungen auf dem Werksgelände zwischen Hauptstraße und Neuer Siedlung statt. Ein weiterer Baustein wurde nun mit dem Ersatzneubau der Fertigungshalle 4 realisiert.

An seiner Stelle existierte eine eingeschossige Baracke als Teil des zusammenhängenden, u-förmigen Werksensembles, jedoch weitestgehend unsaniert und für die Anforderungen einer Produktions-, und Versandhalle nur eingeschränkt nutzbar.

Konkrete Defizite:

  • Das auf dem Werksgelände zur Verfügung stehende Grundstück wird nicht vollumfänglich ausgenutzt
  • Raumhöhe zu niedrig, zu geringe Lagerhöhe
  • Keine ausreichende natürliche Belichtung
  • Gebäudeisolierung / Wärmedämmung nicht ausreichend
  • Kein attraktives Gegenüber dem Haupteingang
  • Anbindung und Verknüpfung mit Halle 3( Montage) und Halle 5 (Verpackung) nur eingeschränkt und unzureichend  

Die bestehenden Gebäude stehen in einem direkten städtebaulichen und funktionalen Zusammenhang. Eine gestalterische, strukturelle Verbindung fehlt jedoch. Jedes Gebäude steht mit eigener Gebäudehöhe und Fassadengestaltung für sich. 

Grundstück und Bestand | heterogenes Ensemble, eingebettet in die Natur

Das Grundstück liegt oberhalb der Talsperre Eibenstock, in der Gemeinde Stützengrün, Ortsteil Hundshübel. Umgeben von der wunderbaren Natur des Erzgebirges blickt man vom Werksgelände auf die nahen Berge und tiefen, dunklen Wälder. Das Gebäudeensemble der Mühle GmbH & Co.KG liegt selbst am Berg.  Das Gelände fällt steil Richtung Nord-Osten ab. Die Betriebsgebäude schieben sich zum Teil in den Berg und vermitteln zwischen den umgebenden Wohnhäusern der nahen Einfamilienhaussiedlung. Die Gebäude des Mühle-Betriebsgeländes sind durchgehend mit Flachdächern ausgebildet.

Entwurfsziel | Ein neues Familienmitglied

Mit dem Ersatzneubau der Halle 4 sollte das bestehende Ensemble unaufgeregt fortgesetzt werden. Der Neubau sollte sich einfügen und gleichermaßen mit seiner zeitgemäßen Erscheinung die heterogene und differenzierte Struktur der Werksanlage fortsetzen. Ein eigenständiger, unaufgeregter Baukörper der sich gleichwohl einfügt als Teil eines gewachsenen Ensembles. Auf den ersten Blick ein einfacher Industriebau. Bei näherer Betrachtung ein fein schimmerndes, geheimnisvolles Objekt.  Denn mit der Architektur selbst soll die Wertigkeit der am Standort hergestellten Produkte bereits kommuniziert werden. Es gilt daher dem neuen Gebäude einen Mehrwert abzugewinnen, ohne dabei die Funktion einer Fertigungshalle und die damit verbundene Pragmatik und Wirtschaftlichkeit zu leugnen.

Idee | transparente Verortung

Auf Grundlage der städtebaulichen Vorgaben wird der Ersatzneubau zwischen Halle 3 und 5 verortet. Für eine größtmögliche Grundfläche wird das zur Verfügung stehende Grundstück dabei maximal nach Südwesten ausgenutzt. Um die beengte, schlauchartige Hofsituation etwas zu entspannen wird der Neubau, gegenüber den angrenzenden Gebäuden, geringfügig zurückversetzt.  Die Verbindung zwischen Halle 3 und 5 erfolgt nun direkt und großzügiger. Die Halle gliedert sich in einen hohen eingeschossigen Produktionsteil und einen kleineren zweigeschossigen Bereich. Im Erdgeschoss dieser „Haus im Haus“- Konstruktion sind Büro und Verwaltungsräume untergebracht im Obergeschoss ein großer Beratungsraum. 

Äußerlich präsentiert sich der Neubau als gläsern schimmernde Erscheinung. Das Glas lässt die Außenräume nach Innen fließen, sorgt für Einblicke in den Fertigungsprozess und sorgt nicht zuletzt für eine maximale natürliche Belichtung der Halle. Gegliedert wird die Fassade durch fein schimmernde und präzise gekantete Aluminiumprofile – eine bewusste Referenz zu den edlen Rasurprodukten die hier am Standort gefertigt werden. Kontrastierend zur äußeren Erscheinung ist das Innere der Halle wie ein bergender, wärmender Körper fast ausschließlich von hölzernen Oberflächen geprägt.

Konstruktion & Material | nachhaltige Eleganz

Einfach und doch elegant, bildet eine flügelgeglättete Stahlbetonbodenplatte, mit umlaufenden Frostschürzen die konstruktive Basis des Neubaus. Die Bodenplatte sorgt mittels Industriebodenheizung gleichzeitig für die Wärmeversorgung der Halle, die auf einer Sohle-Wasserwärmepumpe basiert.

Eine rückseitige Stahlbetonwand, die im Inneren in Sichtqualität ausgeführt wurde, stützt das Gebäude gegen den nord-westlichen Hang. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zum Erzgebirge und vor dem Hintergrund eines bewussten Bauens mit nachwachsenden Rohstoffen sind alle anderen Tragelemente als Holzkonstruktionen konzipiert. So sind Stützen und Träger aus Brettschichthölzern gefertigt. Decke und Dach sind als massive Brettsperrholzelemente konzipiert. Auch die inneren Fensterkonstruktionen und akustischen Verkleidungen sind aus dem Werkstoff Holz.

Diese natürlichen Materialien sorgen neben guten konstruktiven und isolierenden Eigenschaften für ein gesundes Klima in der Halle. Das darüber liegende Gründach setzt sich aus trittfester Dämmlage, Abdichtung, und entsprechendem Gründachaufbau mit Filtervlies, Wurzelschutz, Pflanzsubstrat zusammen. Eine Photovoltaikanlage versorgt den Werkskomplex und insbesondere die Erdwärmepumpen mit Strom.