Projektdaten
Kategorie | Realisierte Bauwerke |
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BauherrIn | Euchner GmbH und Co. KG |
PlanerIn | Mühleisen + Partner Planungsgesellschaft mbH |
Fertigstellung | 05.2024 |
Ort | Leinfelden-Echterdingen |
Bildnachweis | Mühleisen und Partner |
In diesem Projekt werden Produktion, Forschung, Entwicklung, Schulung und Verwaltung sowie ergänzend ein Betriebsrestaurant, Ausstellungsräume, Fitnessbereiche und eine Tiefgarage vereint. Die Schichtung der diversen Nutzungen und deren Verschränkung zeichnen sich in der architektonischen Ausformulierung ab. Die Firmenzentrale mit Produktionsstätte wurde im laufenden Betrieb um 16.800m² BGF erweitert.
Projektvorstellung
Die Campus-Situation, flankiert von zwei Riegeln und einer über 30 Meter langen Brückenkonstruktion, ähnlich einer Blockbebauung, demonstriert die feine räumliche Organisation und Integration von unterschiedlichen Nutzungsbereichen. Die städtebauliche Qualität der Anlage ist von allen Seiten erfahrbar. Die Nachbarbebauung, die Höhenentwicklung und die Schaufenster-Wirkung zur Bahnstrecke oder der Landebahn des Stuttgarter Flughafens wurden in die Struktur gedanklich integriert. Die verschiedenen Nutzungen lassen sich an den unterschiedlichen Ausrichtungen der collagenhaft gefügten Baukörper ablesen.
Die Höhenentwicklung des Neubaus orientiert sich in Teilen am Bestand, sodass die bestehende Produktion und auch der darüberliegende Büroriegel ohne Höhenversatz erweitert werden konnten. Der westliche Riegel, der durch städtebauliche Vorgaben eine andere Höhenentwicklung erfuhr, ist in der Tiefgarage und im Brückengeschoss mit dem Bestand verbunden. Diese Schwierigkeit konnte durch Zwischengeschosse und eine durchdachte Geschossbezeichnung überwunden werden.
Grundstruktur und Infrastrukturelle Potentiale
Da am Standort auch eine wichtige Produktionsstätte untergebracht ist, wurden die logistischen Themen priorisiert. Somit wurde durch eine einspurige Durchfahrt die Möglichkeit geschaffen, mit einem Sattelzug das Grundstück zu durchqueren. Dadurch kann die Anlieferung von Rohstoffen, sowie der Abtransport von Gütern elegant und gefahrlos ohne Rangieren direkt angefahren werden. Diese Durchfahrt wird durch ein gezacktes Bauwerk mit Funktionen wie Fahrradgarage, Erschließung, Treppen, Lüftungsöffnungen und Lager ergänzt und trennt durch einen Höhensprung mit den gezackten Aufbauten den Campus mit hoher Aufenthaltsqualität von der eher technischen Anlieferung.
Die Empfangsebene im Westflügel wird durch eine großzügige Vorfahrt mit aufgehender Überdachung und somit als einladende Geste formuliert. Auf dieser Ebene finden sich öffentliche Nutzungen sowie die Versammlungsstätte. Die großzügige Raumhöhe und das herausgedrehte Betriebsrestaurant definieren die zweite maßgebenden Richtungen des geschichteten Baukörpers. Das Herausdrehen schafft eine städtebauliche Flanke zur südlich angrenzenden Straße und nutzt somit das Grundstück aus, ohne den Straßenraum dabei einzunehmen. Als Drehachse dient hierzu die Haupterschließung im Westflügel als offene Wendeltreppe, die als Stahlskulptur von der Tiefgarage bis in Ebene 6 führt. Da verglaste Treppenhaus und die Belichtung der Wendeltreppe führen zur Kennzeichnung der Drehachse. Von hier geht es in den Verwaltungsbau West, der als Hauptrichtung wieder die Bestandachsen aufnimmt. Dieser Baukörper schließt zur Nachbarbebauung ab und bildet einen Teil der Flankierung der Campus- Situation. In Ebene 4 wird dann der Baukörper von einer aus dem Ostflügel kommenden Brückenkonstruktion durchdrungen. Die Brücke spannt 30 Meter und kragt nach der Durchdringung der Drehachse auf der gegenüberliegenden Seite aus und misst so insgesamt 60 Meter. Sie verbindet den Bereich Forschung und Entwicklung mit der Verwaltung und den Nebenfunktionen als notwendige Erschließung und beherbergt eindrucksvolle Schulungsräume. Die Tiefe des Brückenkörpers von 20 Metern macht umlaufende Balkone, Schulungsräume und einen großzügigen Flur möglich. Ebenso kann das Brückendach auch als Terrasse genutzt werden. Die Untersicht der Brücke ist verspiegelt, sodass sie mit der Umgebung verschwindet und nachts die Dachbegrünung des darunter liegenden Restaurants widerspiegelt. Hiermit ist die Campus-Situation zu drei Seiten geschlossen. Die Brücke verläuft parallel zu den nahegelegenen Eisenbahngleisen und macht, durch die offene Stahlkonstruktion als Fachwerkträger mit ausgerundeten Knotenpunkten, weithin auf sich aufmerksam. Die bedacht geschichteten Baukörper, Terrassen und Vordächer bilden ein Gesamtensemble, das von innen heraus eine logische funktionale Ablesbarkeit beibehält und dennoch als Ganzes einen starken Ausdruck vermittelt. Ringsum fügt sich das Bauwerk ein und behält dennoch seine Identität durch das entstandene Ensemble.
Die Gebäudetechnik erfüllt hohe energetische Ansprüche wie die KfW-Klassifizierung mit Photovoltaik, Bauteilaktivierung, Restwärmenutzung, passiver Kühlung und intelligenter Gebäudesteuerung. Das Eingliedern des Bestandes ist wichtiger Substanzerhalt und wird somit Teil der Gesamtanlage, der durch den hohen gestalterischen Anspruch und die flexiblen Nutzungsmöglichkeiten eine überdurchschnittliche Nutzungsdauer zugeschrieben wird.
Innenraum
Die hohe Nutzungsdichte verlangte gestalterische Ideen und Lösungen für den Innenraum. Die Erdgeschosszone wurde dabei besonders hochwertig ausgestattet und im Entwurf ganzheitlich betrachtet. Die Lichtführung als Leitsystem ist dabei ein besonderes Merkmal, welches durch die technische Gestaltung die Erscheinung des Bauwerks als moderner und wegweisender Industriebau unterstreicht. Im bewussten Kontrast dazu wird durch freundliche Formen und Farben im Restaurant eine wohnliche Atmosphäre gebildet. Über den Entwurfs- und Planungsprozess hinweg wurden durchgängig 3D-Tools verwendet, um die Wirkung im Raum zu überprüfen. Dadurch konnte eine lückenlose Vermittlung der Konzepte mit der Bauherrschaft zur Umsetzung in die Ausführung garantiert werden.
Grundsätzlich wurde das Bauwerk als Maschine gedacht, die nichts unnötig verschleiert oder verdeckt, so wurde die Installation ganzheitlich sichtbar belassen und zur Funktion der dienenden Nutzungen geschichtet. Ein Fassadenraster von 140 cm erlaubt verschiedene Bürogrundrisse, die individuell je nach Nutzer*in angepasst werden können. In Bereichen der Arbeitswelten wurde ein Vorhangsystem erarbeitet, welches das Zonieren von Bereichen ermöglicht und flexibles Arbeiten unterstützt. Als Ergebnis präsentiert sich der Bürobereich somit modular.
Fassade
Die individuell formulierten Fugen der Alupaneele werden zur Handschrift der Fassade. Feine Gesten wie das gestalterische Herausschneiden der Fensterbänder aus dem Fassadenraster oder die die versetzten geschlossenen Felder werden gemeinsam mit den subtrahierten Loggien zum Regelwerk.